Aktuelles aus dem Arbeitsrecht:

Arbeitgeber sind berechtigt, Corona-Tests anzuordnen oder Corona-Testpflicht für Arbeitnehmer

Das BAG hat mit Urteil vom 01.06.2022 (Az.: 5 AZR 28/22) entschieden, dass Arbeitgeber aufgrund eines betrieblichen Schutz- und Hygienekonzepts berechtigt sein können für die Beschäftigten Corona-Tests anzuordnen.

Der Grundsatzentscheidung des BAG lag der Fall einer Flötistin der Bayrischen Staatsoper zu Grunde. Dabei sah das Hygienekonzept der Bayrischen Staatsoper u.a. vor, dass alle Mitarbeiter bei Dienstantritt einen negativen PCR-Test vorlegen mussten. Andernfalls war eine Teilnahme an Proben und Aufführungen nicht gestattet. Hierzu organisierte der Arbeitgeber gratis Abstriche für die Beschäftigten, die regelmäßig alle 1-3 Wochen durchgeführt wurden. Die bei der Bayrischen Staatsoper als Flötistin angestellte Klägerin weigerte sich PCR-Tests durchzuführen, so dass ihr Gehalt einbehalten wurde. Die Klägerin begehrte nachträglich die Auszahlung der einbehaltenen Gehälter und argumentiert, dass die Rechtsgrundlage für anlasslose PCR-Tests gefehlt habe und der Arbeitgeber sich somit in Annahmeverzug befunden habe.

 

Das BAG gab dem Arbeitgeber Recht und wies die Klage ab.

Die Entscheidung wurde wie folgt begründet:

"Der Arbeitgeber ist nach § 618 Abs. 1 BGB verpflichtet, die Arbeitsleistungen, die unter seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass die Arbeitnehmer gegen Gefahren für Leben und Gesundheit soweit geschützt sind, als die Natur der Arbeitsleistung es gestattet. Die öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutznormen des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) konkretisieren den Inhalt der Fürsorgepflichten, die dem Arbeitgeber hiernach im Hinblick auf die Sicherheit und das Leben der Arbeitnehmer obliegen. Zur Umsetzung arbeitsschutzrechtlicher Maßnahmen kann der Arbeitgeber Weisungen nach § 106 S. 2 GewO hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb erteilen. Das hierbei zu beachtende billige Ermessen wird im Wesentlichen durch die Vorgaben des ArbSchG konkretisiert."

 

Aus der Entscheidung des BAG kann nicht abgeleitet werden, dass die einseitige Anordnung einer Testpflicht in jedem Fall zulässig ist. Dies ist immer abhängig von der konkreten Gefährdungslage z.B. aufgrund des Pandemiegeschehens. Weiter muss die Anordnung stets auf der Grundlage eines betrieblichen Schutz-und Hygienekonzepts erfolgen.



Weisungswidriges Nicht-Tragen einer persönlichen Schutzausrüstung einer Pflegefachkraft im Altenheim kann zur fristlosen Kündigung führen

Das LAG Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 10.12.2021 (Az.: 12 Sa 46/21) entschieden, dass wenn eine Pflegefachkraft im Altenheim während der Corona-Pandemie weisungswidrig ihre Schutzausrüstung nicht oder nicht vollständige trage, das Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber auch ohne vorherige Abmahnung fristlos gekündigt werden könne. Die Pflegefachkraft sei vorliegend vorsätzlich Maßnahmen nicht nachgekommen, die dem Schutz von Leib und Leben der durch das Corona-Virus besonders gefährdeten Heimbewohner- und Heimbewohnerinnen dienten. Die Pflichtverletzung wurde vorliegend als derart schwerwiegend beurteilt, so dass es keiner vorherigen Abmahnung bedurfte.

Gegen die Entscheidung wurde Revision eingelegt!


Erschütterung des Beweiswerts einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Das BAG hat durch Beschluss vom 08.09.2021 (Az.: 5 AZR 149/21) entschieden, dass der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert sein kann, wenn der Arbeitnehmer (m/w) nach einer Kündigung eine Krankschreibung für die komplette restliche Laufzeit des Arbeitsverhältnisses vorlegt. Aufgrund dieser Tatsache können ernsthafte Zweifel an der tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit bestehen, so dass der Arbeitnehmer (m/w) darlegen und beweisen muss, dass er/sie tatsächlich nicht arbeiten könne. Ein solcher Beweis könne durch eine Vernehmung des behandelnden Arztes nach entsprechender Befreiung von der Schweigepflicht erbracht werden. 


Haben Arbeitnehmer/-innen Anspruch auf Arbeit im Homeoffice?

Ob Arbeitnehmer/-innen einen Anspruch auf Arbeit im Homeoffice haben, wird seit Beginn der Corona-Pandemie in Politik und Wirtschaft diskutiert. In der Politik wird nach wie vor über eine rechtliche Regelung des Homeoffice gestritten.

Viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen haben während der Arbeit im Homeoffice in der Pandemie die Vorteile von Homeoffice zu schätzen gelernt und wünschen sich auch künftig eine entweder vollständige oder aber teilweise Tätigkeit im Homeoffice. 

Allerdings besteht nach aktueller Rechtslage derzeit für die Zeit nach der Corona-Pandemie keine gesetzliche Regelung zur Arbeit im Homeoffice.

Arbeitnehmer können auch nicht einseitig vom Arbeitgeber eine Arbeit in Homeoffice verlangen, soweit es dafür keine arbeits- oder tarifvertragliche Grundlage oder eine Betriebsvereinbarung gibt, die Homeoffice vorsieht. 

Insgesamt bleibt daher abzuwarten, wie schnell die Politik zu einer dauerhaften Regelung des Homeoffice gelangen wird.


Urlaubsanspruch und Kurzarbeit

Das LAG Düsseldorf hat durch Urteil vom 12.03.2021 (Az.: 6 Sa 824/20) entschieden, dass ein Arbeitnehmer keinen Urlaubsanspruch erwirbt, während er sich in Kurzarbeit Null befindet. Der Jahresurlaub wird entsprechend anteilig gekürzt.

Die klagende Arbeitnehmerin hat sich im konkreten Fall darauf berufen, dass die Kurzarbeit nicht auf ihren Wunsch erfolge, sondern im Arbeitgeberinteresse und infolge die Kurzarbeit auch keinen Einfluss auf ihren Urlaubsanspruch haben könne.

Sowohl das Arbeitsgericht Emden (Urteil vom 06.10.2020, Az.: 1 Ca 2155/20) als auch das LAG Düsseldorf haben die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird angeführt, dass Sinn und Zweck die Erholung des Arbeitnehmers sei. Während der Kurzarbeit seien die beiderseitigen Leistungspflichten ausgesetzt. Die von Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer seien daher vorübergehend wie Teilzeitbeschäftigte zu behandeln, deren Urlaub ebenfalls anteilig zu berechnen sei.

Der EuGH sieht dies genauso. Nach seiner Ansicht entsteht während Kurzarbeit Null der europäische Mindesturlaubsanspruch nicht.


Kurzarbeit & Kurzarbeitergeld im befristeten Arbeitsverhältnis?

Grundsätzlich ist Voraussetzung für die Gewährung von Kurzarbeitergeld, dass das Arbeitsverhältnis weder gekündigt noch durch einen Aufhebungsvertrag aufgelöst wurde.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie mit befristeten Arbeitsverhältnissen umzugehen ist, da diese naturgemäß zu einem bestimmten Zeitpunkt enden.

 

Nach herrschender Ansicht sind befristete Arbeitsverhältnisse jedoch nicht mit Fällen von gekündigten oder durch Aufhebungsvertrag beendeten Arbeitsverhältnissen gleichzustellen. Vielmehr gelten Arbeitnehmer, die sich in einem befristeten Arbeitsverhältnis befinden, als nicht gekündigt. Dies gilt auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis während der Kurzarbeit ausläuft. Mithin kann Kurzarbeitergeld bis zum letzten Tag der befristeten Beschäftigung bezahlt werden.



Was passiert mit dem Urlaubsanspruch nach rechtswidriger Entlassung?

Der Europäische Gerichtshof hat durch sein Urteil vom 25.06.2020 (Az.: C-762/18, C-37/19) entschieden:

Wird eine Kündigung von einem Gericht für rechtswidrig erklärt und nimmt der Arbeitnehmer im Anschluss seine bisherige Tätigkeit bei seinem Arbeitgeber wieder auf, so erwirbt er für den Zeitraum zwischen Entlassung und Rückkehr in den Betrieb einen Urlaubsanspruch. Nach Ansicht des EuGH ist der Zeitraum zwischen der rechtswidrigen Entlassung und der Rückkehr in den Betrieb bezüglich der Feststellung der Urlaubsansprüche einem tatsächlichen Arbeitszeitraum gleichzustellen.


Arbeitszeugnis & Zeugnis-Datum

Oftmals besteht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Streit darüber, unter welchem Datum das Endzeugnis ausgestellt wird.

Bislang hatte sich die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BAG auch gebilligte Gepflogenheit herausgebildet, dass in ein Arbeitszeugnis als Zeugnis-Datum das Datum der rechtlichen Beendigung aufzunehmen sei.

Dies wurde nunmehr durch das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 27.03.2020 (Az.: 7 Ta 200/19) bestätigt. Danach hat das Zeugnis-Datum, mit dem ein qualifiziertes Arbeits-Endzeugnis versehen wird, regelmäßig den Tag der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu bezeichnen, nicht dagegen den Tag, an dem das Zeugnis tatsächlich physisch ausgestellt worden ist.

Dies unter anderem auch deshalb, weil das Beendigungsdatum den Zeitpunkt bezeichnet, von dem aus der Zeugnisinhalt beurteilt worden sei.


Kopftuch-Verbot für Rechtsreferendarinnen

Durch Urteil vom 14.01.2020 hat das Bundesverfassungsgericht (Az.: 2 BvR 1333/17) entschieden, dass das Verbot, bei bestimmten dienstlichen Tätigkeiten ein Kopftuch zu tragen zwar einen Eingriff in die von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützte individuelle Glaubensfreiheit und in weitere Grundrechte darstellt. Der Eingriff in die Religionsfreiheit sei jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Die Entscheidung des Gesetzgebers für die Pflicht, sich im Rechtsreferendariat in weltanschaulich-religiöser Hinsicht neutral zu verhalten, sei aus verfassungsrechtlicher Sicht zu respektieren. Als Verfassungsgüter kommen die Grundsätze der weltanschaulich-religiösen Neutralität des Staats und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege sowie die negative Religionsfreiheit Dritter in Betracht.

 


Fristlose Kündigung wegen massiver Beleidigungen und islamfeindlicher Äußerungen per WhatsApp

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat durch Urteil vom 05.12.2019 (Az.: 17 Sa 3/19) entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der einen anderen Mitarbeiter muslimischen Glaubens per WhatsApp mehrfach wiederholt wegen seiner Herkunft und seines Glaubens massiv -im vorliegenden Fall per WhatsApp-Nachrichten- beleidigt vom Arbeitgeber fristlos gekündigt werden kann.

 

Die außerordentliche fristlose Kündigung war im vorliegenden Fall trotz Vorliegens einer Schwerbehinderung und einer langen Betriebszugehörigkeit (22 Jahre) des Klägers möglich.

Die durch den Kläger per WhatsApp übermittelten Inhalten seien menschenverachtend und von der Meinungsfreiheit nicht gedeckt, so das Landesarbeitsgericht. 

 

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen.


Änderungen im Arbeitsrecht zum Jahresanfang 2020

Auch zu Beginn des Jahres 2020 gibt es wieder wesentliche Änderungen im Arbeitsrecht, diese betreffen u.a. den Mindestlohn:

 

1. Anpassung des Mindestlohns für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen

 

Mit Wirkung ab dem 01. Januar 2020 beträgt der gesetzliche Mindestlohn € 9,35,-. Damit erhöht sich die aktuelle Lohnuntergrenze von derzeit € 9,19,- um 16 Cent. 

Für die Festlegung des Mindestlohns ist die sog. Mindestlohnkommission zuständig. Diese setzt den Mindestlohn alle 2 Jahre neu fest. Dabei orientiert sie sich an dem aktuellen Tariflohn und den aktuellen Tarifabschlüssen.

 

2. Mindestlohn für Auszubildende

 

Mit Wirkung ab dem 01. Januar 2020 gilt ein Mindestlohn für Auszubildende. Danach erhalten Auszubildende, die ihre Ausbildung ab 2020 beginnen im ersten Lehrjahr eine Vergütung i.H.v. € 515,-.

Zu beachten ist, dass abhängig von Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften hiervon Ausnahmen vom Mindestlohn für Azubis möglich sind.



Aufhebungsvertrag, Widerruf, Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns    (BAG, Urteil vom 07.02.2019, Az.: 6 AZR 75/18)

Grundsätzlich kann die Einwilligung zum Abschluss eines arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrages nicht gem. § 355 BGB widerrufen werden.

Allerdings kann ein Aufhebungsvertrag unwirksam sein, wenn er unter Missachtung des Gebots fairen Verhandelns zustande gekommen ist.

Das BAG hat hierzu folgende Grundsätze aufgestellt:

Eine Verhandlungssituation ist immer dann als unfair zu bewerten, wenn eine psychische Drucksituation geschaffen oder ausgenutzt wird, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners erheblich erschwert oder sogar unmöglich macht. Dies kann beispielsweise durch die Schaffung besonders unangenehmer Rahmenbedingungen geschehen, die den Arbeitnehmer erheblich ablenken oder sogar den Fluchtinstinkt wecken, oder aber die Ausnutzung einer objektiv erkennbaren körperlichen oder psychischen Schwäche oder unzureichende Sprachkenntnisse.


Fristlose Kündigung - Krankes Kind bei der Arbeit                                            (ArbG Siegburg, Urteil vom 04.09.2019, Az.: 3 Ca 642/19)

Im Streitfall befand sich die Klägerin, die als Altenpflegefachkraft bei der Beklagten tätig war, noch in der Probezeit. Während dieser Zeit erkrankten die beiden betreuungsbedürftigen Kinder der Klägerin. Daraufhin nahm die Klägerin ihre Kinder zeitweise mit zur Arbeit. Einige Tage später erkrankte die Klägerin selbst. Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin fristlos mit der Begründung, dass diese gegen das Verbot, Kinder mit zur Arbeit zu nehmen, verstoßen habe. Die Klägerin wendet sich mit ihrer Kündigungsschutzklage gegen die fristlose Kündigung und begehrt die Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist.

Das Arbeitsgericht Siegburg hat der Klage nur insoweit statt gegeben, dass das Arbeitsverhältnis nicht fristlos, sondern erst mit Ablauf der zweiwöchigen Kündigungsfrist während der Probezeit beendet werden konnte. Eine fristlose Kündigung hielt das Arbeitsgericht für ungerechtfertigt. Das Arbeitsgericht begründete seine Entscheidung wie folgt:

Zwar sei das Verhalten der Klägerin aus versicherungsrechtlichen Gründen und wegen der bestehenden Ansteckungsgefahr für die Kollegen und Patienten problematisch und stelle daher eine Pflichtverletzung dar. Allerdings rechtfertige das Verhalten der Klägerin keine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Es hätte eine Abmahnung genügt. Sonstige Gründe, die eine fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt hätten, konnte die Beklagte nicht darlegen.

Gegen die Entscheidung kann Berufung beim LAG Köln eingelegt werden. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.


Fristlose Kündigung wegen des Verdachts der Unterschlagung von € 100,- (LAG Düsseldorf, Urteil vom 28.06.2019, Az.: 6 Sa 994/18)

Dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf lag folgender Sachverhalt zur Entscheidung vor:

Ein bei der Polizei eingesetzter Pförtner hatte angeblich einen von einer Passantin gefundenen und bei ihm abgegebenen 100-Euro-Schein an sich genommen, jedoch nicht als Fundsache gemeldet. Die Passantin hat weder eine Quittung, noch eine entsprechende Vorgangs-Nummer oder ähnliches erhalten. Aus diesem Grund hat die Passantin am nächsten Tag bei der Polizei nach dem Verbleib des 100-Euro-Scheins gefragt. Infolge identifizierte sie den Pförtner. Der Pförtner wurde daraufhin strafrechtlich wegen Unterschlagung belangt und fristlos wegen des Verdachts der Unterschlagung gekündigt. Der Pförtner hat bis zum Schluss bestritten, den 100-Euro-Schein an sich genommen zu haben. Vielmehr gab er an, die Passantin an eine andere zuständige Stelle verwiesen zu haben.

 

Die Kündigungsschutzklage des Pförtners hatte weder vor dem Arbeitsgericht, noch vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf Erfolg.

Beide Gerichte entschieden, dass die Version des Pförtners kein plausibler Grund spreche. Es war kein Motiv ersichtlich, warum die Passantin, wenn sie den 100-Euro-Schein wieder mitgenommen hätte, am nächsten Tag nach dem Verbleib des 100-Euro-Scheins gefragten haben sollte. Der für die ausgesprochene Verdachtskündigung erforderliche dringende Tatverdacht der Unterschlagung war gegeben. 


Private Nutzung eines Firmenwagens kann zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.01.2019, Az.: 5 Sa 291/18)

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat in seinem Urteil entschieden, dass die unberechtigte private Nutzung eines Dienstfahrzeugs über mehrere Monate eine Kündigung rechtfertigen könne. Die unberechtigte Privatnutzung eines Dienstfahrzeugs stelle eine Verletzung der Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis dar. Dies berechtige den Arbeitgeber zum Ausspruch einer ordentlichen fristgerechten Kündigung, ausnahmsweise in besonders schweren Fällen sogar zum Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung.

Voraussetzung sei jedoch in jedem Fall, da es sich bei der Kündigung des Arbeitsverhältnis immer um das letzte Mittel ("ultimo ratio") handelt, dass der Arbeitnehmer zuvor entsprechend abgemahnt worden ist.


Falsche Angabe von Arbeitszeiten kann zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.10.2016, Az.: 2 Sa 985/16)

Dokumentiert ein Arbeitnehmer seine Arbeitszeiten vorsätzlich unrichtig, so riskiert er - selbst nach langer Betriebszugehörigkeit- eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber.

Grundsätzlich muss der Arbeitgeber nur tatsächlich geleistete Arbeitszeiten bezahlen. Täuscht ein Arbeitnehmer mittels falscher Dokumentation, über seine Arbeitszeiten, so begeht er einen Arbeitszeitbetrug. Ein Arbeitszeitbetrug ist geeignet eine außerordentliche Kündigung gem.        § 626 BGB durch den Arbeitgeber zu rechtfertigen.


Urteil des LArbG Berlin-Brandenburg (vom 16.05.2017, Az.: 7 Sa 38/17): Versenden von dienstlichen E-Mails an privaten E-Mail-Account als Kündigungsgrund

In dem dem Landesarbeitsgericht vorliegenden Fall, hatte ein Arbeitnehmer in großem Umfang E-Mails mit betriebsinternen Informationen seines Arbeitgebers an seine private E-Mail-Adresse weitergeleitet. Zeitgleich befand er sich in Vertragsverhandlungen für ein neues Arbeitsverhältnis mit einem Wettbewerber des Arbeitgebers. Nach Zusage der neuen Stelle durch den neuen Arbeitgeber versendete der Arbeitnehmer Informationen, wie z.B. Kunden-Kontaktdaten und Preislisten an seine private E-Mail-Adresse.

Entscheidend war für das Landesarbeitsgericht, ob für das Weiterleiten der E-Mails an die private E-Mail-Adresse eine dienstliche Notwendigkeit bestand. Eine solche Notwendigkeit lag im vorliegenden Fall jedoch nach Ansicht des Gerichts nicht vor. Insbesondere war die Weiterleitung nicht erforderlich, um von zu Hause aus arbeiten zu können, da der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen dienstlichen Laptop zur Verfügung gestellt hat, auf dem er die benötigten E-Mails hätte speichern können. 

Darüber hinaus war das Übersenden der betrieblichen Informationen weder nach dem Arbeitsvertrag gestattet, noch hatte der Arbeitgeber eine entsprechende Genehmigung dazu erteilt. Aus diesem Grund schlussfolgerte das Gericht, dass die Weiterleitung der Informationen erfolgte, um diese bei dem neuen Arbeitgeber zu verwenden. 

Insgesamt war eine fristlose Kündigung wegen unmittelbarer Gefährdung der Geschäftsinteressen des Arbeitgebers daher gerechtfertigt.


Urteil des BAG (vom 23.01.2019, Az.: 7 AZR 733/16) zum Thema sachgrundlose Beschäftigung i.S.d. § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG

Durch Urteil vom 23.01.2019 hat das BAG entschieden, dass die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsverhältnisses nicht zulässig sei, wenn zuvor zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber bereits ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Dies gelte selbst dann, wenn das Beschäftigungsverhältnis 8 Jahre zurück liege, eine nur eineinhalbjährige Bestandsdauer und eine vergleichbare Arbeitsaufgabe zum Inhalt gehabt habe.

Das BAG hat jedoch auch klar gestellt, dass in jedem Fall eine Einzelfallbetrachtung erfolgen müsse.


Erfassung von Mitarbeiter-Anwesenheitszeiten via Excel-Software ist gemäß Beschluss des BAG vom 23.10.2018 (Az.: 1 ABN 36/18) mitbestimmungs-pflichtig!

Wenn Arbeitgeber die Anwesenheitszeiten ihrer Mitarbeiter über eine Excel-Software erfassen, so löst dies ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus. Die Excel-Software kann eine technische Einrichtung i.S.d. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG darstellen, die ein Überwachen der Arbeitnehmer ermöglicht. 

 

Grundsätzlich gilt, dass wenn der Arbeitgeber Software einsetzt, die mithilfe von Algorithmen die Arbeitsgeschwindigkeit, die Arbeitsqualität, sowie die Anwesenheitszeiten der Mitarbeiter erfasst und verarbeitet, der Betriebsrat unstreitig gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG über das Ob und das Wie des Einsatzes einer solchen Software mitzubestimmen hat.

 

Mit seiner Entscheidung vom 23.10.2018 bestätigt das BAG seine klare Haltung gegenüber dem Einsatz von EDV bzw. Software, die Daten der Mitarbeiter speichert oder verarbeitet bzw. verarbeiten kann.

Gegenstand der Mitbestimmung ist in diesen Fällen immer:

  1. Ob es zu solchen weiteren Verarbeitungsschritten kommt oder nicht;
  2. Ob diese mit mehr oder weniger geringfügigen Eingriffen in Persönlichkeitsrechte und den Arbeitnehmerdatenschutz verbunden sind;
  3. Welche Zwecke eine solche Datenverarbeitung dienen könnte.

Nach Ansicht des BAG ist es nicht erforderlich, dass die personenbezogenen Daten von der Einrichtung selbst erhoben werden. Vielmehr sei es ausreichend, dass der Überwachungsvorgang mittels einer technischen Einrichtung und somit automatisiert erfolge. Dies sei bei der Verwendung einer Excel-Software dadurch gegeben, dass Excel durch eine hinterlegte Summenformel eine automatische Addition der manuell eingegebenen Daten über An- und Abwesenheit ermögliche. Dadurch sei die objektive Eignung der Einrichtung zur Arbeitnehmerüberwachung i.S.d. BetrVG gegeben. 


Brückenteilzeit  ab 01.01.2019 möglich!

Der Bundesrat hat nunmehr das neue Gesetz zur sog. "Brückenteilzeit" ("Brückenteilzeitgesetz") für Arbeitnehmer abschließend beraten. Das Gesetz soll zum 01.01.2019 in Kraft treten.

 

Danach können Arbeitnehmer künftig für einen Zeitraum bis zu 5 Jahren befristet in Teilzeit arbeiten und haben im Anschluss einen Anspruch auf Rückkehr zu ihrer ursprünglichen Arbeitszeit. 

 

Einen Grund für die Arbeitszeitverkürzung (wie z.B. die Pflege Angehöriger, Kindererziehung, etc.) muss dabei ausdrücklich nicht vorliegen.

 

Voraussetzung für einen Anspruch auf Brückenteilzeit ist, dass das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate besteht, die geplante Teilzeit spätestens 3 Monate vor Beginn beim Arbeitgeber schriftlich beantragt wird und in dem Unternehmen mehr als 45 Mitarbeiter beschäftigt werden. 

 

Um dem Arbeitgeber eine sichere vorausschauende Personalplanung zu ermöglichen, muss der Arbeitnehmer sich bei der Beantragung von Brückenteilzeit verbindlich festlegen, wie lange er mit welcher verkürzten Arbeitszeit arbeiten möchte. Während der Brückenteilzeit ist eine weitere Verringerung, Erhöhung oder vorzeitige Rückkehr zur ursprünglich vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nicht möglich. 

 

Kleine Unternehmen mit bis zu 45 Mitarbeitern sind von der Brückenteilzeit gänzlich ausgenommen. Für Unternehmen mit 46-200 Mitarbeitern muss pro 15 Beschäftigten nur jeweils einem Antrag auf befristete Teilzeit entsprochen werden.


Urlaub & Übertragung von Urlaub ins Folgejahr

Das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) sieht gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG vor, dass Urlaub im laufenden Kalenderjahr genommen werden muss.

 

Eine Übertragung von nicht genommenen Urlaubstagen in das Folgejahr ist nur ausnahmsweise möglich. Im Fall der Übertragung des Urlaubs auf das Folgejahr, muss der Urlaub in den ersten 3 Monaten genommen werden. Wird der Urlaub nicht bis zum 31. März des Folgejahres genommen, so verfällt er endgültig und ersatzlos.

Ausnahmen hiervon bestehen nur in speziellen Sonderfällen, die beispielsweise Arbeitnehmer in Mutterschutz oder Elternzeit betreffen.

 

Eine Urlaubsübertragung ins Folgejahr ist nur ausnahmsweise möglich, wenn dringende persönliche Gründe (z.B. Arbeitsunfähigkeit) oder dringende betriebliche Gründe (z.B. Betriebsablaufsstörungen)dies rechtfertigen. 

 

 

Die Thematik des Urlaubsanspruchs bei längerer Krankheit hat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) bereits beschäftigt (Entscheidung vom 20.01.2009- Az.: C 350/06) .

So hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) lange Zeit die Ansicht vertreten, dass ein Urlaubsanspruch selbst dann verfällt, wenn ein Arbeitnehmer bis zum Ende des Übertragungszeitraums, also dem 31.03. des Folgejahres, arbeitsunfähig war. Der EuGH hat diese Rechtsprechung aufgehoben und entschieden, dass wenn ein Arbeitnehmer seinen Urlaub aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Übertragungszeitraums nicht nehmen könne, der Urlaubsanspruch als Freizeitanspruch zunächst erhalten bleibe. Um jedoch zu vermeiden, dass bei Arbeitnehmern, die über mehrere Jahre arbeitsunfähig sind, sich die jährlich erworbenen Urlaubsansprüche ins Unermessliche addieren, haben der EuGH und das BAG festgelegt, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch spätestens 15 Monate nach Ablauf des entsprechenden Urlaubsjahres verfällt.


Mindestlohn steigt zum 01.01.2019

Zum 01. Januar 2015 wurde in Deutschland ein flächendeckender, allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn für Arbeitnehmer in Höhe von EUR 8,50 brutto/Stunde durch das Mindestlohngesetz (MiLoG) eingeführt. 

Seither wird der gesetzliche Mindestlohn regelmäßig im Zwei-Jahres-Rhythmus angepasst.

 

Die erste Erhöhung des Mindestlohns erfolgte zum 01.01.2017 auf EUR 8,84 brutto/Stunde.

 

Gemäß dem aktuellen Beschluss der Mindestlohnkommission vom 26.06.2018 soll der gesetzliche Mindestlohn erneut, - jedoch in 2 Schritten- zum 01.01.2019 und zum 01.01.2020 erhöht werden.

Zunächst soll im ersten Schritt zum 01.01.2019 eine Erhöhung auf EUR 9,19 brutto/Stunde erfolgen. Zum 01.01.2010 soll schließlich im zweiten Schritt eine Erhöhung auf EUR 9,35 brutto/ Stunde stattfinden.


Streik - Zahlung einer Streikbruchprämie ist ein zulässiges "Kampfmittel" des Arbeitgebers

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat durch Urteil vom 14.08.2018 (Az.: 1 AZR 287/17) entschieden, dass ein Arbeitgeber eines bestreikten Unternehmens grundsätzlich berechtigt ist, die zum Streik aufgerufenen Arbeitnehmer durch Zusage einer Prämie (sog. Streikbruchprämie) von einer Beteiligung am Streik abzuhalten.

Zwar liege in der Zusage einer Prämie an alle arbeitswilligen - nicht streikenden- Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber eine Ungleichbehandlung der streikenden und der nicht streikenden Beschäftigten vor. Dieses sei jedoch aus arbeitskampfrechtlichen Gründen gerechtfertigt, da der Arbeitgeber durch die freiwillige Sonderleistung betrieblichen Ablaufstörungen begegnen und damit dem Streikdruck entgegenwirken wolle.

Soweit dabei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hinsichtlich der Höhe der Streikbruchprämie beachtet werde, sei die Gewährung einer Sonderzahlung nicht unangemessen.